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Digitale Ausbildung von Medizinern

Kritische Lücken – Digitale Ausbildung von Medizinern

Unzureichende Lernzielkataloge und Curricula, fehlendes IT-Verständnis, mangelnde Methoden- und Sozialkompetenz, schlecht gerüstete Arbeitgeber: Wenn die digitale Transformation im Gesundheitswesen irgendwann einmal gelingen soll, müssen dringend die Schwachstellen in der digitalen Aus- und Weiterbildung der Mediziner geschlossen werden.

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Wer weiß, wo Deutschlands Gesundheitswesen bei der Nutzung digitaler Arbeitsweisen noch stehen würde, wenn es die Pandemie nicht gegeben hätte. „Vor drei Jahren haben wir gefühlt noch alles auf Zettel geschrieben“, blickt der Chefarzt einer Süddeutschen Klinik auf diese Zeit zurück. COVID-19 hat der Digitalisierung im Gesundheitswesen einen mächtigen Schub gegeben. Der war auch dringend notwendig. Denn derzeit ist Deutschland im Vergleich sieben europäischer Länder noch immer am wenigsten darauf vorbereitet und hinkt auch bei der Umsetzung mächtig hinterher.

Wie die Studie „Shaping the future of European healthcare” der internationalen Unternehmensberatung Deloitte erst kürzlich ergab, bildet Deutschland nach Auffassung des medizinischen Personals in sieben europäischen Ländern bei der Vorbereitung und der Umsetzung der Digitalisierung das Schlusslicht. Zudem sind in Deutschland nur 66,1 Prozent der Beschäftigten der Meinung, dass ihr Gesundheitswesen gut bis sehr gut auf digitale Technologien vorbereitet ist. 33,5 Prozent sagen sogar, dass es gar nicht oder nur geringfügig digital gerüstet sei. Zudem fühlen sich viele Befragte noch zu wenig in digitale Strategien eingebunden. Sie finden auch, dass der Arbeitgeber nicht gut auf den Einsatz der Technologien vorbereitet ist: Mit 46 Prozent gibt fast die Hälfte der Befragten an, nicht genügend Unterstützung bei der Anwendung der Technologien zu erhalten.

Ob Health Apps, elektronische Patientenakte oder digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) – praxisorientierte Digitalisierungsansätze finden sich bereits in vielen Bereichen der Medizin. Aber spielt die Digitalisierung auch in der medizinischen Ausbildung eine Rolle? Können angehende und junge Ärzte damit angemessen umgehen? Sind sie auf die sich wandelnde IT-Welt und deren Probleme entsprechend vorbereitet? Umfrageergebnisse und unsere Recherchen zeigen auf: Hier bestehen offenbar reichlich kritische Lücken.

Digitale Themen fehlen in den Curricula

Schon vor anderthalb Jahren forderte ein Positionspapier der Bundesvereinigung der Medizinstudierenden Deutschlands (bvmd) eine zügige und konsequente Umsetzung der im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) formulierten Lehrinhalte zur digitalen Transformation. Dies sei dringend notwendig, da der aktuelle Stand klar ausbaufähig sei.

Repräsentative Umfragen unter Medizinstudierenden hatten gezeigt, dass sich nur knapp elf Prozent gut vorbereitet auf den Umgang mit digitalen Tools und Strukturen fühlen.

„Trotz aller aktuellen fakultären Reformprozesse hält weder der 2015 beschlossene Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog (NKLM), noch der Masterplan Medizinstudium 2020 die Aspekte der digitalen Transformation fest. Auch in der ärztlichen Weiter- und Fortbildung haben diese Themen bisher, trotz der enormen Bedeutung für die in Praxen, Kliniken und Verwaltung tätigen Ärzte, keinen Eingang in ein formales Curriculum gefunden“, so der Befund des Positionspapiers „Der Digitale Arzt – welche Rolle spielt Digitalisierung in der medizinischen Ausbildung?“ von Zavamed. Zudem ergab die qualitative Untersuchung „Undergraduate Medical Competencies in Digital Health and Curricular Module Development” der Charité Berlin, dass auch Studierende der Meinung sind, dass großer Bedarf an digitaler Ausbildung besteht.

Alle teilnehmenden Studierenden stimmten zu, dass Digital Health Teil des obligatorischen Curriculums an den medizinischen Fakultäten sein und früh im Berufsleben gelehrt werden sollte, und dass digitale Kompetenzen relevanter sind als reines Wissen für Absolventen der Humanmedizin.

„Jeder macht irgendwas – oder auch nichts.“

Gürcan Mustafa Özden
Gürcan Mustafa Özden

Gürcan Mustafa Özden, Leiter des Projekts „Digitale Medizin“ im bvmd, legt den Finger in die Wunde: „Da fehlt es grundsätzlich nach wie vor an der Umsetzung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin. Eine digitale Ausbildung ist auch kein zentraler Aspekt in den Agenden der Fakultäten.“  Der angehende Mediziner bemängelt noch weitere Schwachpunkte: „Es gibt keinen koordinierten Überblick über die Entwicklungen in Bezug auf eine digitale Weiterbildung an den einzelnen Universitäten. Jeder macht irgendwas – oder auch nicht. Es müsste an den Hochschulen intensiv darüber diskutiert werden, was in Zukunft gebraucht wird und welche Skills dazu vermittelt werden müssten. Das findet aber nicht in dem Maße statt, wie es erforderlich wäre.“ Ein Zustand, den auch Dr. Max Tischler bestätigt, Sprecher des Bündnis Junge Ärzte (BJÄ): „Eine fundierte digitale Ausbildung haben wir weder im Studium noch in der Weiterbildung noch in Form eines geregelten Fortbildungsmanagements als Facharzt.“

Leider, führt Özden aus, gebe es noch nicht genügend digitale Expertise unter den Lehrenden, so dass sie das Thema auch anspruchsgerecht vermitteln können. Ein weiterer Knackpunkt aus seiner Sicht:

„Im Studium wird nicht ausreichend interprofessionelles Arbeiten vermittelt, also die Zusammenarbeit mit übergreifenden Disziplinen.“

Prof. Dr. David Matusiewicz, Dekan und Institutsdirektor der FOM Hochschule und Experte in den Bereichen Digitalisierung im Gesundheitswesen sowie digitale Gesundheit
Prof. Dr. David Matusiewicz

Für eine zukunftssichere medizinische Versorgung sei die Verknüpfung von Interprofessionalität und Digitalisierung aber ein entscheidender Faktor, sagt Prof. Dr. David Matusiewicz, Dekan des Hochschulbereichs Gesundheit & Soziales an der FOM Essen.

„Digitale Kompetenzen und Fortbildungen im Bereich der Medizin sind somit vor allem noch auf Eigeninteresse und die eigene Verantwortung von Medizinern angewiesen.“

Diese können sich beispielsweise Wissen über Stipendienprogramme, Kurse der Landesärztekammern oder Webinare aneignen – allerdings besteht ein entsprechendes Interesse oder eine Sensibilisierung gegenüber der Digitalisierung in der Medizin nicht immer an erster Stelle.

Mehr Flexibilität erforderlich

Die Ausbildung von kompetentem medizinischem Personal und die Fort- und Weiterbildung der bereits gelernten Mediziner sind für die erfolgreiche Implementierung digitaler Prozesse und Technologien in den Arbeitsalltag die wichtigste Grundlage. Diese neue Ausrichtung ist jedoch nicht ohne weitere Herausforderungen in die Curricula zu implementieren, sagt Professor Dr. Martin Fischer, Projektleiter am Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin am Klinikum der Universität München: „Wir müssen flexibler werden. Wir brauchen fünf Jahre für einen Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog (NKLM), dann braucht’s fünf Jahre, bis die neue Approbationsordnung startet und anschließend sind die Ärztinnen und Ärzte erst sechs bis sieben Jahre später mit dem Studium fertig“, so der Wissenschaftler mit Blick auf den neuen Lernzielkatalog der ärztlichen Approbationsordnung, die 2025 in Kraft treten soll. 

„15 Jahre Zeit, um zu reagieren, ist leider viel zu lang. Deshalb bin ich froh, wenn’s in Zukunft in stärkerem Maße als bisher Vertiefungen und flexible Bereiche im Studium gibt, für die sich jeder selbst interessengetrieben anmelden kann.“

Eine bessere digitale Vorbildung wünscht sich auch Privatdozent Dr. Dr. Peter Prodinger, Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädie am Krankenhaus Agatharied. „In deutschen Krankenhäusern ist die Digitalisierung noch sehr weit hinten, in Bayern vielleicht weniger als anderorts“, konstatiert der Mediziner. „Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz hat sich zwar schon einiges getan. Aber viele Ärzte sind zum Beispiel nicht geschult im Umgang mit Dingen wie der elektronischen Patientenakte (ePA). Da fehlt es am IT-Verständnis und damit an der lösungsorientierten Herangehensweise.“

 

Dr. Dr. Peter Prodinger
Dr. Dr. Peter Prodinger

Ärzte müssten dafür längst keine Programmierer sein.

„Aber es wäre für den Klinikalltag hilfreich, wenn Sie während der Ausbildung mehr konfrontiert werden mit dem Einsatz von Software und schon im Studium lernen, wie man damit umgeht und wie man mit den Informatikern etwa in einer Klinik interagiert“, sagt Dr. Dr. Prodinger.

„Und wenn Sie dann noch geschult werden in problemlösungsorientiertem und interdisziplinärem Denken, könnten im Klinikalltag so mache Dinge sehr viel effizienter vonstattengehen.“

Besseres IT-Verständnis erwünscht

„Zwar stehen junge Ärzte digitalen Technologien und deren Nutzung im Arbeitsalltag schon sehr offen gegenüber“, stellt Stefan Biesdorf fest, Partner bei McKinsey Deutschland und Leiter der digitalen und analytischen Gruppen in der Healthcare Practice in Europa.

„Allerdings liegen Welten zwischen den Technologien, die im Privaten genutzt werden und denen aus dem Berufsalltag – vor allem mit Blick auf die Nutzererfahrung. Da wäre es zum Beispiel zielführend, wenn Ärzte grundsätzlich besser verstehen würden, wie IT funktioniert und wie man über IT nachdenken muss.“

Zudem hätten Ärzte im Berufsalltag häufig das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse nicht richtig berücksichtigt werden, wenn es zu Digitalisierungsprojekten kommt:

„Software ist oft nicht nutzerfreundlich. Alle Ärzte, die in der Ausbildung sind, kennen die Nutzerfreundlichkeit vieler digitaler Anwendungen im privaten Bereich und werden in der Klinik mit Softwaresystemen konfrontiert, die teilweise 30 Jahre auf dem Buckel haben. Gerade die Erwartungshaltung bei den Nutzern der neuen Generation ist aber viel höher.“

 

Ausbau von Softskills erforderlich

Diesen Aspekt bestätigt auch Professorin Dr. Margit Geiger, die Betriebswirtschaftslehre und Personalmanagement an der Fachhochschule Bochum lehrt und Mitglied des „Initiativkreis neue Personalarbeit in Krankenhäusern“ ist und verweist auf einen weiteren Aspekt: „Der allgemeine Fachkräftemangel im IT-Bereich trifft insbesondere auch Kliniken.

Diese Ressourcenknappheit führt dazu, dass nicht ausreichend klinikspezifische IT-Weiterbildungen und arbeitsplatzbezogene Unterweisungen, also Coaching, für Ärztinnen und Ärzte angeboten werden.

Prof. Dr. Margit Geiger
Prof. Dr. Margit Geiger

Erfahrungen aus anderen Branchen machen deutlich, dass im Zuge der Digitalisierung vor allem im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik, Recht und Datenschutz vermehrt Inhalte vermittelt werden müssten.“

Verstärkt werde IT in Kliniken unter dem Blickwinkel der Verringerung von Fehlerquellen, Wertschöpfung und Vereinfachung von Arbeitsprozessen implementiert. Damit rückt die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen medizinischem und technischem Klinikpersonal in den Vordergrund. „Technische Problemlösungen erfordern die Berücksichtigung und Offenheit gegenüber wechselseitigen Präferenzen der jeweiligen Berufsgruppen“, so die Professorin. „Daneben sollten in Anlehnung an Erfahrungen aus anderen Branchen erfolgreiche Managementmethoden und Ansätze wie Kaizen – Kontinuierlicher Verbesserungsprozess –, Lean Hospital oder agiles Projektmanagement – SCRUM – genutzt werden. Hierbei werden auch notwendige Methoden- und Sozialkompetenzen ausgebaut.“

Die Entwicklung von Softskills und von Methodenkompetenzen wie Problemlösetechniken, Entscheidungsanalysen, Projektmanagement, Besprechungstechnik, Zeitmanagement und Konfliktmanagement werden mit zunehmender Digitalisierung immer wichtiger.

„Inwieweit digitale Lernformate und hybrides Lernen an Universitäten und Hochschulen eingesetzt werden, ist aber derzeit noch stark von der strategischen Ausrichtung, dem technischen Equipment und der Lehrkompetenz der Dozierenden abhängig. Im klinischen und betrieblichen Alltag dagegen werden vermehrt Dinge wie webbasierte Besprechungen sowie der Einsatz von AR- und VR-Technologie erwartet.“

Veränderte Ausbildungsreize sind gefragt

Dr. Max Tischler
Dr. Max Tischler

Damit derartige Technologien schneller in der ärztlichen Praxis ankommen, sind aus Sicht von Dr. Max Tischler vom BJÄ auch veränderte Ausbildungsanreize erforderlich. „Digitale Neuerungen und transformative Gedanken – da ist so viel neu, das kann man nicht nur im Rahmen der CME-Ausbildung („Continuing Medical Education“, kontinuierliche ärztliche Fortbildung) durchziehen. Da muss mehr passieren, denn da wird strukturell nicht dafür Sorge getragen, dass digitale Kompetenz an den Arzt gebracht wird, vor allem, wenn es um speziellere Themen geht wie Datenvalidierung und Datenrecht.“ Schön wäre es für ihn auch, pro Jahr etwa fünf Fokustage zu haben, in denen solche Weiterbildungen vorgesehen sind, die aber für die Arbeitgeber kostenneutral angeboten werden sollten.

 

Leuchttürme weisen den Weg

Immerhin finden sich vereinzelt einige universitäre Leuchttürme, was die digitale Weiterbildung anbelangt: So wurde bereits im April 2019 an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) das Projekt „DigiWissMed“ („Digitalisierung und Wissenschaftlichkeit in der Medizin“) initiiert. Das vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderte Projekt hat zum Ziel, jahrgangs- und fächerübergreifend digitale Kompetenzen in das Curriculum an der MHH zu integrieren. Auch die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen hat ein neues Online-Projekt „Digitalisierung im Kontext des Medizinstudiums“ – kurz: DiKoMed – gestartet. Den Medizinstudierenden werden damit die nötigen digitalen Kompetenzen bereitgestellt. So werden Patientendaten elektronisch erfasst, Laborbefunde digital übermittelt, Blutproben erhalten Barcodes und Tools helfen Ärztinnen und Ärzten dabei, schnell ein geeignetes Medikament zu finden.

„Das Bewusstsein hinsichtlich der digitalen Medizin muss geschärft werden: Was sind die Herausforderungen, was die Möglichkeiten, was muss beachtet werden? Das Basis-Wissen muss mit Begriffen, Herausforderungen, Möglichkeiten aber auch Risiken konfrontieren und den Studierenden die Kompetenz vermitteln, sich auch nach ihrer universitären Ausbildung sicher und proaktiv mit digitalen Neuerungen auseinanderzusetzen, sie zu verstehen, um vor allem auch ihren Nutzen bewerten zu können“, erläutert Dr. med. Stephanie Herbstreit, Lehrbeauftragte und Leiterin des Projektes Digitale Kompetenzen in der Medizin (DiKoMed) der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen.

 

Digital Literacy als Hauptkompetenz

Ein weiterer möglicher Lösungsansatz, um Ärzten digitale Kompetenzen an die Hand zu geben und neuesten Innovationen gerecht zu werden, ist das Curriculum 4.0. Das kompetenzorientierte Blended-Learning-Curriculum „Medizin im digitalen Zeitalter“ wurde seit 2017 als curriculares Reformprojekt im Rahmen des Förderprogramms „Curriculum 4.0“ des Stifterverbandes an der Universitätsmedizin Mainz implementiert. Ziel dieses Förderprogramms ist es, eine auch digitale Neuausrichtung und Weiterentwicklung von Studiengängen zu fördern und durch curriculare Reformprojekte neue Lösungsansätze zu identifizieren. Durch praktische Anwendung von Beispielen und problemlösungsorientierten Unterrichtskonzepten wird den Studierenden Digital Literacy als Hauptkompetenz beigebracht – die Fähigkeit, Daten kritisch zu betrachten und zu sammeln, sie zu managen und richtig bewerten und anwenden zu können.

Nicht zuletzt wurde an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein Curriculum für die ärztliche Weiterbildung „Digitalisierung in der Medizin“ entwickelt und evaluiert. Inhaltliche Schwerpunkte sind unter anderen: Prinzipien der Digitalisierung, Telematikinfrastruktur, Digitale Tools, KI und Big Data sowie Ethik in der Digitalisierung.

„Künftig werden im Zuge der Digitalisierung zunehmend neue Kompetenzen erforderlich sein. Wie der gewohnheitsmäßige und vernünftige Gebrauch von Kommunikation, Wissen, technischen Fertigkeiten, klinischem Urteilsvermögen, Gefühlen, Werten und Reflexionen im täglichen ärztlichen Handeln, das am Wohl der Patientinnen und Patienten ausgerichtet ist“

, so Dr. Josefin Bosch, Koordinatorin des Projekts „Digitalisierung in der Medizin – Curriculum für die ärztliche Weiterbildung“ (CÄWIN) an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

 

Digitale Wissenslücken noch groß

All dieser guten Ansätze zum Trotz sind die Wissenslücken in Bezug auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen aktuell noch groß, stellt Dr. Max Tischler fest. Der Dermatologe gibt auch selbst Fortbildungskurse – etwa zum Thema DIGAs – mit 100 bis 150 Teilnehmenden. Als er dort die Frage stellte, wer das am 19. Dezember 2019 in Kraft getretene Digitale Versorgungsgesetz (DGV) kenne, also das „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“, das Apps auf Rezept, die einfache Nutzung von Videosprechstunden sowie den Zugriff bei Behandlungen auf das sichere Datennetz im Gesundheitswesen ermöglicht, erhielt er ein verblüffendes Ergebnis: „Etwa die Hälfte hatten davon immerhin gehört, aber nur etwa zehn Prozent hätten es auch erklären können.“

Die jungen Ärzte seien auf jeden Fall wissbegierig und an Weiterbildung in digitalen Dingen interessiert. Aber bisweilen gehe die Weiterbildungs-Praxis doch arg an der Realität vorbei. Etwa wenn das Bundesgesundheitsministerium zu Terminen einlade, mit nur einer Woche Vorlauf, mitten zur Praxiszeit von 14-17 Uhr in Berlin und in Präsenz. „Welcher Arzt mit einer vollen Praxis hat die Möglichkeit, zu so etwas nach Berlin zu reisen? So etwas hätte man doch auch mit mehr Vorlauf machen können, zu einer geeigneteren Zeit oder zumindest über einen digitalen Übertragungsweg“, so Dr. Tischler. Letzteres war aber nicht vorgesehen, auch nicht auf Anfrage. „Da bleiben dann die Gesundheitstheoretiker und Vertreter der Industrie unter sich. Sehr schade.“

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