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Blick auf ein paar Schuhe die vor einem auf dem Boden augezeichneten Scheideweg stehen

Krankenhaus der zwei Geschwindigkeiten? – Was der 31. März 2019 für die TI-Anbindung von Kliniken bedeutet

Bis Ende März 2019 müssen Klinikleitungen entscheiden, welchen Finanzierungsweg sie für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI) wählen.

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Beim Thema Telematikzuschlag und „Anbindung an die Telematikinfrastruktur“ lohnt sich für Klinikleitungen in Deutschland ein Blick in den Kalender – und einer ins eigene Haus. Gibt es nämlich unter dem Dach des Unternehmens Einrichtungen, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen, dann bekommt ein Datum Bedeutung, das im Hinblick auf die TI-Anbindung in erster Linie für niedergelassene Ärzte relevant ist: der 31. März 2019.

Bis zu diesem Tag müssen Niedergelassene die verbindliche Beauftragung für den Anschluss ihrer Praxis an die Telematikinfrastruktur nachgewiesen haben. Ansonsten droht ihnen ab der folgenden Leistungserstattung ein Abzug von einem Prozent der Erstattungssumme.

Das gilt auch für Klinikeinrichtungen, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen – wie Ambulanzen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Hintergrund: Grundlage für die Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit Einführung und Betrieb der Telematikinfrastruktur durch die Krankenkassen sind zwei Verträge, die ihr Spitzenverband abgeschlossen hat – einen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und einen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der Vertrag mit der KBV ist mit der Bestellpflicht zum 31.03. verbunden – der DGK-Vertrag nicht.

Klinikeinrichtungen, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen, erhalten ihre TI-Erstattung grundsätzlich nach dem KBV-Vertrag, und nicht den sogenannten Telematikzuschlag aus dem DKG-Vertrag. Damit gilt für sie die Fristsetzung. Von der Frist befreien können Sie sich, indem sie gegenüber dem Krankenhausträger schriftlich ihren Verzicht erklären, ihre Refinanzierung über die zuständige KV vorzunehmen – in diesem Fall wird die TI-Finanzierung dauerhaft und unumkehrbar über den DKG-Vertrag geregelt.

Verzichten, um Zeit zu gewinnen?

Für Klinikleitungen mit einem relevanten Anteil von KV-Erstattungen am Gesamterlös ist diese Konstellation problematisch: Während es sinnvoll erscheint, die Anbindung des Krankenhauses und den Gesamtbedarf gründlich im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu planen, entsteht durch die Sanktionsfrist bei einigen Einrichtungen Zeitdruck. Es droht eine Umsetzung der TI-Anbindung in zwei Geschwindigkeiten mit erhöhter Komplexität.
Ob ein Verzicht auf die TI-Einführungserstattung durch die KV im Einzelfall sinnvoll ist, lässt sich tatsächlich nur im einzelnen Fall beantworten. Folgende Aspekte spielen eine Rolle:

1. Der Anteil der KV-Erstattung am Gesamterlös der Klinik
2. Analyse und Planung
3. Vergleich der Erstattungsvereinbarungen zwischen GKV und KBV bzw. DKG
4. Prüfung des Integrationsgrads der IT-Systeme

1. Der Anteil der KV-Erstattung am Gesamterlös der Klinik

Eine theoretische Option für Kliniken mit einem geringen Anteil von KV-Erstattungen am Gesamterlös ist es, die TI-Anbindung der entsprechenden Einrichtungen in das Gesamtanbindungskonzept zu integrieren und die Sanktionen in Kauf zu nehmen.

2. Telematikzuschlag: Analyse und Planung

Dies ist das Thema, bei dem – jenseits der Sanktionsfrist – Zeitdruck besteht. Denn der Bedarf an Kartenlesegeräten kann sich nach der Anbindung an die TI und nach der Einführung der TI-Anwendungen gegenüber dem bisherigen Bedarf verändern.

Ein Beispiel: Die Einführung des Notfalldatenmanagements (NFDM) als TI-Anwendung bedeutet praktisch, dass in der Klinik nicht nur von der Karte gelesen, sondern künftig auch darauf geschrieben wird. Das kann organisatorische Veränderungen, neue Einsatzszenarien und Anwendungsorte für eGK und Kartenleser bedeuten – und für die Klinik einen veränderten Bedarf an stationären und mobilen Kartenlesegeräten.

Idealerweise erfolgt die Bedarfsermittlung stations- und einrichtungsweise als Grundlage für eine Planung, auf deren Basis seriöse Vergleichsrechnungen (s. Punkt 3) vorgenommen und eventuelle Verzichtsentscheidungen getroffen werden.

Das alles ist kein Hexenwerk, braucht aber etwas Zeit und die Mitwirkung der Anwender. Klinikleitungen, die nicht ausschließen, dass der 31.03. als Sanktions- oder Verzichtsfrist für Einrichtungen des eigenen Hauses relevant ist, sollten keine Zeit verlieren, Analyse und Planung in diesem Bereich schnell umzusetzen und sich parallel mit Punkt 3 zu beschäftigen.

3. Vergleich der Erstattungsvereinbarungen zwischen GKV und KBV bzw. DKG

Beide Vereinbarungen enthalten Pauschalen, aber die Pauschalen sind nach unterschiedlichen Regeln festgelegt. Es empfiehlt sich, beide Varianten durchzurechnen. Beachtenswert sind dabei unter anderem Erstattungen, die über die rein technische Ausstattung hinausgehen und die Aufwände für organisatorische Veränderungen sowie Schulungen abfedern sollen. Während Arztpraxen neben der pauschalen Ausstattungspauschale von 900 EUR größenabhängig für solche Themen einen Komplexitätszuschlag von 230 EUR (bei mehr als 3 Ärzten) bzw. 460 EUR (bei mehr als 6 Ärzten) in Anspruch nehmen können, berechnet sich dieser Anspruch bei Kliniken auf der Basis der Bettenzahl (150 EUR je Planbett).

4. Telematikzuschlag: Prüfung des Integrationsgrads der IT-Systeme

Aus technischer Sicht empfiehlt sich das schnellstmögliche gründliche Monitoring der eigenen IT-Landschaft im Hinblick auf Auswirkungen durch die TI-Anbindung und auf mögliche TI-Anpassungsnotwendigkeiten.

Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang der Integrationsgrad der IT-Systeme der KV-abrechnenden Einrichtungen in das IT-Gesamtsystem der Klinik. Die sich daraus ergebenden Umsetzungsszenarien müssen schnellstmöglich entwickelt und in die Entscheidung über die Refinanzierungsvariante für die entsprechende Einrichtung – inklusive eines möglichen Verzichts – einbezogen werden.

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